Gartenbewässerung
„Wasser marsch!“ heißt es derzeit mit schöner Regelmäßigkeit in vielen privaten Gärten. Denn obwohl der Hochsommer kalendarisch noch gar nicht angebrochen ist, leidet vielerorts nicht nur die Landwirtschaft unter dem fehlenden Regen. Ottmar Hübner und Jörg Herrhammer erklären, worauf es bei der Gartenbewässerung ankommt.
Im April hatten Wetterstatistiker Hochkonjunktur, denn an diesem Monat war so ziemlich alles außergewöhnlich: viel mehr Sonne, viel weniger Regen und deutlich wärmer als der Durchschnittsapril. Was Sonnenanbeter, Biergartenbetreiber und Sonnencremeproduzenten freut, stellt manch einen Gartenbesitzer vor die Frage: „Muss ich jetzt schon gießen? Und wenn ja, wie viel?“
Darauf kommt es an
„Eine Faustregel, wann und in welchem Umfang der Garten bewässert werden muss, gibt es nicht“, erklärt Gartengestalter Ottmar Hübner von ideal-garten. „Der Wasserbedarf eines Gartens ist von diversen Faktoren abhängig.“ Da ist zum einen die Beschaffenheit des Bodens, die regional oder sogar lokal sehr unterschiedlich sein kann. „Grundsätzlich gilt: Sandige und steinige Böden können Wasser schlechter speichern als Böden mit einem hohen Ton- oder Lehmanteil“, so der Gartenexperte. Auch die klimatischen Gegebenheiten vor Ort beeinflussen den Wasserbedarf eines Gartens: In Mittelgebirgslagen ist es im Durchschnitt kühler und feuchter als in der Ebene.
Neben diesen Standortfaktoren ist es vor allem die individuelle Pflanzenauswahl, die vorgibt, wie hoch der Wasserbedarf eines Gartens ist. „In erster Linie sollte die Wahl der Bepflanzung natürlich auf die Standortgegebenheiten abgestimmt sein. Auf der anderen Seite lässt sich der Wasserbedarf aber auch über die Pflanzenauswahl steuern“, so Jörg Herrhammer. „Die Natur hat zwei unterschiedliche Strategien entwickelt, damit Pflanzen auch mit zeitweise geringem Wasserangebot zurechtkommen.“ Zum einen gibt es die Gruppe der Sukkulenten, also Dickblattgewächse. Diese können in Blättern und Trieben Wasser speichern, also gewissermaßen in guten Zeiten für Durststrecken Vorräte anlegen. Die andere natürliche Strategie zum Wassersparen besteht in der Ausbildung besonderer Blätter: Diese sind entweder ganz klein, nadelartig, mit feinen Härchen oder einer Wachsschicht überzogen. „Thymian oder Rosmarin mit ihren kleinen beziehungsweise nadelartigen Blättern eignen sich gut für trockenere Standorte“, so Herrhammer.
Gewusst wie
Doch natürlich brauchen auch so genügsame Pflanzen wie Fetthenne oder Lavendel regelmäßig das lebenswichtige Nass. Es bleibt also die Frage: Wie gießt man richtig? „Eine professionell angelegte Bewässerungsanlage hat natürlich viele Vorteile“, erklärt Ottmar Hübner. „Sie kann elektronisch gesteuert werden, so dass sie zum vorprogrammierten Zeitpunkt eine genau auf die Bedürfnisse jeder einzelnen Pflanze abgestimmte Menge Wasser abgibt. Das gilt im Übrigen auch für Urlaubszeiten. Außerdem sorgt die Verlegung von Tropfschläuchen, die das Wasser direkt in Wurzelnähe abgeben, dafür, möglichst sparsam mit der wertvollen Ressource Wasser umzugehen.“
Wer zu Gartenschlauch und Gießkanne greift, sollte sich Gedanken machen, woher er sein Gießwasser bezieht: „Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten ist Regenwasser natürlich immer dem Leitungswasser vorzuziehen“, mahnt der Gartenexperte. Aufbereitung und Transport des Trinkwassers erfordern einen hohen Energieeinsatz, Regenwasser hingegen steht in den meisten Gärten ganz kostenlos und klimafreundlich zur Verfügung – vorausgesetzt, man sammelt es.
Je nach Geschmack und Geldbeutel stehen ganz unterschiedliche Lösungen für das Auffangen von Regenwasser zur Verfügung. Von der klassischen Regentonne bis zu großvolumigen Zisternen, die komplett in der Erde versenkt werden, reicht das Angebot. „Als Faustformel gilt, dass pro Quadratmeter Garten und Jahr 70 Liter Regenwasser zur Verfügung stehen müssen, um den Garten ausschließlich damit bewässern zu können“, rechnet der Experte vor. Viele Kommunen unterstützen sogar den Bau einer Zisterne mit Fördermitteln.
Erhöhter Wasserbedarf
Wann und wie oft nun gegossen werden muss, ist natürlich von den Niederschlagsmengen abhängig. „Je lehmhaltiger der Boden, desto länger kann er das Wasser speichern und desto seltener muss gewässert werden. Und wenn es dann soweit ist, lieber intensiv, damit das Wasser den Boden auch wirklich durchdringen kann und nicht nur an der Oberfläche bleibt.“ Anders ist es bei frisch Gepflanztem: So lange die Wurzeln den umgebenden Boden noch nicht durchdrungen haben, brauchen sie viel und regelmäßig Wasser. Auch Kübelpflanzen sollten in trockenen, sonnigen Zeiten täglich gewässert werden. Dankbar für eine Extraportion Wasser und außerdem regelmäßige Düngergaben sind außerdem all die Pflanzen, die sich gerade anschicken, zu blühen.
In jedem Fall lohnt ein Gespräch mit einem Gartenprofi. Er kann detailliert Auskunft geben, ob und in welchem Umfang eine Bewässerungsanlage für einen Garten sinnvoll ist, wie der Boden regional beschaffen ist, welche Pflanzenauswahl sich für Gießmuffel eignet und wie sich auch großvolumige Regensammelbehälter optisch ansprechend in einen Garten integrieren lassen. Das Fazit von Ottmar Hübner und Jörg Herrhammer in Sachen Bewässerung lautet: „Durch den wenigen Regen muss tatsächlich derzeit schon vermehrt gegossen werden. Doch wer dies mit Augenmaß und standortgerecht tut, kann seinen Arbeitsaufwand und die eingesetzte Wassermenge optimieren.“